Welche Faktoren sind bei der Einführung neuer Arbeitsabläufe zu beachten?

Edmond­son et al. (2001) haben in einer umfang­rei­chen Stu­die unter­sucht, wie grup­pen­dy­na­mi­sche und orga­ni­sa­tio­na­le Fak­to­ren die Über­nah­me inno­va­ti­ver Tech­no­lo­gien (new tech­no­lo­gy adapt­a­ti­on) beein­flus­sen. Gegen­stand der Unter­su­chung waren 16 Herz­chir­ur­gie-Teams in eben­so vie­len Kran­ken­häu­sern. Alle sech­zehn Teams began­nen, mit einer neu­en Ope­ra­ti­ons­me­tho­de (mini­mal­ly inva­si­ve car­diac sur­gery; MICS) zu arbei­ten, die Herz­ope­ra­tio­nen ermög­licht, ohne den Brust­korb im her­kömm­li­chen Sin­ne zu öff­nen. Statt­des­sen wer­den die Ein­grif­fe durch klei­ne Öff­nun­gen zwi­schen den Rip­pen durch­ge­führt. Die neue Ope­ra­ti­ons­me­tho­de redu­ziert den Schmerz und die Erho­lungs­zeit für den Pati­en­ten erheb­lich, stellt das ope­rie­ren­de Team aber gleich­zei­tig vor gro­ße Her­aus­for­de­run­gen, da die neu­en Pro­ze­du­ren im Ver­gleich zu den her­kömm­li­chen deut­lich mehr Infor­ma­ti­ons­aus­tausch und Koor­di­na­ti­on zwi­schen den Team­mit­glie­dern erfor­dern. In sie­ben von sech­zehn Kran­ken­häu­sern wur­de die neue Ope­ra­ti­ons­me­tho­de erfolg­reich ein­ge­führt, in den ande­ren neun Kran­ken­häu­sern gelang die Anpas­sung an die neue Metho­de nicht.

Die Unter­su­chungs­er­geb­nis­se zei­gen, dass der Über­nah­me­er­folg nicht von orga­ni­sa­tio­na­len Fak­to­ren wie Grö­ße oder Art der Ein­rich­tung (städ­ti­sche vs. länd­li­che Lage, uni­ver­si­tä­re vs. kom­mu­na­le Trä­ger­schaft) oder dem Aus­maß an Unter­stüt­zung der Über­nah­me der neu­en Tech­no­lo­gie durch die Lei­tung der Ein­rich­tung abhän­gig war.

Viel­mehr wur­de der Über­nah­me­er­folg durch (1) die Füh­rungs­hal­tung des lei­ten­den Chir­ur­gen, (2) das Aus­maß an „psy­cho­lo­gi­scher Sicher­heit“ in den Teams als erfolgs­kri­ti­sche Vor­aus­set­zung für team­in­ter­ne Lern­pro­zes­se, sowie (3) Team­sta­bi­li­tät als güns­ti­ge Bedin­gung für mög­lichst effi­zi­en­te Lern­pro­zes­se im Team beeinflusst.

Edmond­son et al. (2001) stell­ten in der Ana­ly­se ihrer qua­li­ta­ti­ven Daten fest, dass die erfolg­rei­chen Teams einen Pro­zess mit ins­ge­samt vier Schrit­ten durch­lie­fen – (1) sys­te­ma­ti­sche Aus­wahl und Infor­ma­ti­on der Team­mit­glie­der (enroll­ment), (2) Vor­be­rei­tung, (3) Pro­be­läu­fe mit dem gesam­ten Team und (4) kon­ti­nu­ier­li­che Refle­xi­on und Prozessverbesserung.

Von Jörg Heidig

Jörg Heidig, Jahrgang 1974, nach Abitur und Berufsausbildung in der Arbeit mit Flüchtlingen zunächst in Deutschland und anschließend für mehrere Jahre in Bosnien-Herzegowina tätig, danach Studium der Kommunikationspsychologie, anschließend Projektleiter bei der Internationalen Bauausstellung in Großräschen, seither als beratender Organisationspsychologe, Coach und Supervisor für pädagogische Einrichtungen, soziale Organisationen, Behörden und mittelständische Unternehmen tätig. 2010 Gründung des Beraternetzwerkes Prozesspsychologen. Lehraufträge an der Hochschule der Sächsischen Polizei, der Dresden International University, der TU Dresden sowie der Hochschule Zittau/Görlitz.