Die Moderation von Kontinuierlichen Verbesserungsprozessen

Kon­ti­nu­ier­li­che Ver­bes­se­rungs­pro­zes­se (KVP) rich­ten ihr Augen­merk auf die ste­ti­ge Wei­ter­ent­wick­lung bestehen­der Arbeits­ab­läu­fe. Die zugrun­de lie­gen­de Erkennt­nis lau­tet, dass es kei­ne opti­ma­len Abläu­fe gibt, son­dern sich Kun­den­wün­sche eben­so schnell ändern kön­nen wie es neue Erfin­dun­gen, bes­se­re Maschi­nen oder stei­gen­de Prei­se gibt – alles Fak­to­ren, an die sich stän­dig ange­passt wer­den muss. „In der Ruhe liegt die Kraft.“ oder: „Ste­ter Trop­fen höhlt den Stein.“ oder „Gut Ding will Wei­le haben.“ – die­se Sprich­wör­ter brin­gen die Phi­lo­so­phie von KVP auf den Punkt: Man erreicht Ver­bes­se­run­gen eher in klei­nen Schrit­ten, indem man sich Fra­gen stellt, beob­ach­tet, Ideen sam­melt, ver­bes­sert und aus­wer­tet. Eine Art struk­tu­rier­ten Tri­al-and-Error-Pro­zes­ses, wobei im Fal­le von KVP wenig dem Zufall über­las­sen wird. Leit­prin­zip Kon­ti­nu­ier­li­cher Ver­bes­se­rungs­pro­zes­se ist die ste­ti­ge Mini­mie­rung von Ver­schwen­dun­gen bzw. die kon­ti­nu­ier­li­che Ver­bes­se­rung der Wert­schöp­fung. Das Grund­mus­ter bil­det dem­entspre­chend der Plan-Do-Check-Act-Zyklus. Nach­dem ein Pro­blem oder Pro­blem­be­reich erkannt und eine Grup­pe von Mit­ar­bei­tern gefun­den wur­de, die sich des Pro­blem­be­reichs annimmt, wird zunächst an der Abgren­zung des Pro­blems gear­bei­tet. Wich­tig ist eine mög­lichst kon­kre­te Problembestimmung.

In einem zwei­ten Schritt wird die Ist-Situa­ti­on ana­ly­siert (Iden­ti­fi­zie­rung von Ursa­chen). Dies dient auch der Abgren­zung des Pro­blems, vor allem aber dem Ver­ständ­nis der Ent­ste­hung und des Kon­tex­tes des Pro­blems. Gera­de Feh­ler kön­nen viel­schich­ti­ge Ursa­chen haben. Wich­tig ist hier auch die genaue Bestim­mung des­sen, was sich tat­säch­lich ver­bes­sern kann. Not­wen­di­ger­wei­se gehört dazu auch die Beob­ach­tung und Quan­ti­fi­zie­rung des Pro­blems. Sonst gibt es kei­ne Bemes­sungs­grund­la­ge für die Ver­bes­se­rung. Des Wei­te­ren ist die ange­streb­te Ver­bes­se­rung in erreich­ba­re Teil­zie­le zu zer­le­gen. Sind Zie­le zu groß gefasst oder zu glo­bal for­mu­liert, wir­ken sie eher demo­ti­vie­rend. Erreich­ba­re Schrit­te und die Kom­mu­ni­ka­ti­on von Teil­erfol­gen sind sehr wich­ti­ge Kom­po­nen­ten erfolg­rei­cher Verbesserungen.

Plan_Do_Check_Act-Zyklus

Erst dann beginnt der eigent­li­che Plan-Do-Check-Act-Zyklus:

  1. Pla­nen: Fest­le­gung von Zie­len, Bestim­mung geeig­ne­ter Maßnahmen
  2. Umset­zen: Durch­füh­rung und Doku­men­ta­ti­on der Maßnahmen
  3. Che­cken: Dar­stel­lung, Zusam­men­fas­sung und Kon­trol­le der Ergebnisse
  4. Agie­ren: Ist-Soll-Abgleich; bei Ziel­er­rei­chung Stan­dards und Regeln fest­le­gen; wei­te­re Pro­ble­me bestimmen

Auf der Suche nach Ver­schwen­dun­gen und Ver­bes­se­rungs­po­ten­tia­len hel­fen die fol­gen­den Fragen:

  1. Für wel­che mei­ner Tätig­kei­ten wür­de mein Kun­de bezah­len bzw. nicht bezah­len? Und wenn ich selbst der Kun­de wäre – für wel­che mei­ner Tätig­kei­ten wür­de ich zah­len und für wel­che nicht?
  2. Wel­che mei­ner Tätig­kei­ten för­dern bzw. behin­dern die Wert­schöp­fung? Wel­che Tätig­kei­ten sind Ver­schwen­dung oder füh­ren nur zu Fehl­leis­tun­gen wie bspw. zu Kon­flik­ten? (vgl. Kost­ka & Kost­ka 2011, S. 67)

Ein KVP-Team soll­te auf der Grund­la­ge eines bereits grob iden­ti­fi­zier­ten Pro­blem­be­reichs zusam­men­ge­stellt wer­den (nicht umge­kehrt) und nicht mehr als fünf­zehn Per­so­nen umfas­sen, idea­ler­wei­se deut­lich weni­ger (bspw. acht bis zehn). Dar­über hin­aus ist wich­tig, dass die Ent­schei­dung, KVP ein­zu­füh­ren, von der Lei­tung der Orga­ni­sa­ti­on aus­geht und die obers­ten Füh­rungs­kräf­te an den ein­füh­ren­den Akti­vi­tä­ten (Auf­takt­work­shop, der idea­ler­wei­se bereits die prak­ti­sche Suche nach Ver­schwen­dun­gen ein­schließt) teil­neh­men. Die Sit­zung eines KVP-Teams läuft nach fol­gen­dem Mus­ter ab (nach Kost­ka & Kost­ka 2011, S. 59f.):

  1. Ein­stieg: In die­ser Pha­se geht es um den Auf­bau einer geeig­ne­ten Stim­mung, um einen gelin­gen­den Start, was nicht immer ein­fach ist, weil die KVP-Team­mit­glie­der oft von ganz all­täg­li­chen Auf­ga­ben „okku­piert“ sind. Der Über­gang vom All­tag zur Refle­xi­on des All­tags im KVP muss bewusst gestal­tet werden.
  2. Pro­blem­ori­en­tie­rung: Die­se Pha­se dient zunächst der Defi­ni­ti­on des Pro­blems im Sin­ne des Bewusst­wer­dens um das Pro­blem und dem Aus­tausch ver­schie­de­ner Sicht­wei­sen. Erst wenn dies gesche­hen ist, kann das Pro­blem tat­säch­lich bear­bei­tet werden.
  3. Pro­blem­be­ar­bei­tung: Im Rah­men eines inten­si­ven Arbeits­pro­zes­ses geht es um die Ent­wick­lung von Lösun­gen. Hier ist die Mode­ra­ti­ons­rol­le am wich­tigs­ten – es geht nicht nur um den Aus­tausch von Argu­men­ten, son­dern auch um Wider­sprü­che und das „Durch­ar­gu­men­tie­ren“ von Kontroversen.
  4. Ergeb­nis­in­te­gra­ti­on: Kost­ka & Kost­ka (ebd.) wei­sen dar­auf hin, dass die Akzep­tanz einer Mode­ra­ti­on sehr stark davon abhängt, inwie­fern es einem Mode­ra­tor gelingt, zu tat­säch­li­chen Ergeb­nis­sen zu kom­men. Die Viel­falt der Dis­kus­sio­nen und Vor­schlä­ge ist so zusam­men­zu­fas­sen und zu prio­ri­sie­ren, dass auch tat­säch­lich hand­lungs­re­le­van­te Ergeb­nis­se entstehen.
  5. Hand­lungs­ori­en­tie­rung: Die prio­ri­sier­ten Lösungs­vor­schlä­ge wer­den in einen Maß­nah­men­ka­ta­log umge­wan­delt und kon­kret geplant. Wich­tig ist, dass die Ergeb­nis­se auch tat­säch­lich in die Pra­xis trans­fe­rier­bar sind und dass Ver­ant­wort­lich­kei­ten „sau­ber“ geklärt wer­den. Ein­fach­heit und Strin­genz sind gefragt.
  6. Abschluss: Den bes­ten Abschluss bil­det eine gute, kon­kre­te Zusam­men­fas­sung, die von den Anwe­sen­den auch als Schluss­punkt wahr­ge­nom­men wer­den kann. Wenn auf die ggf. wäh­rend der Sit­zung auf­ge­tre­te­nen posi­ti­ven und nega­ti­ven Emo­tio­nen ein­ge­gan­gen wird, kommt dies den Bedürf­nis­sen der Team­mit­glie­der und ihren Erwar­tun­gen an eine gute Mode­ra­ti­on sehr entgegen.
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Von Jörg Heidig

Jörg Heidig, Jahrgang 1974, nach Abitur und Berufsausbildung in der Arbeit mit Flüchtlingen zunächst in Deutschland und anschließend für mehrere Jahre in Bosnien-Herzegowina tätig, danach Studium der Kommunikationspsychologie, anschließend Projektleiter bei der Internationalen Bauausstellung in Großräschen, seither als beratender Organisationspsychologe, Coach und Supervisor für pädagogische Einrichtungen, soziale Organisationen, Behörden und mittelständische Unternehmen tätig. 2010 Gründung des Beraternetzwerkes Prozesspsychologen. Lehraufträge an der Hochschule der Sächsischen Polizei, der Dresden International University, der TU Dresden sowie der Hochschule Zittau/Görlitz.