Wie kann ich als Führungskraft mit Grüppchenbildung im Team umgehen?

Die­ser Text setzt sich mit der Fra­ge aus­ein­an­der, was eine Füh­rungs­kraft tun kann, wenn es zur Bil­dung von Grüpp­chen in einem Team kommt. Die vor­ge­schla­ge­nen Hand­lungs­mög­lich­kei­ten rei­chen von „weich“ bis „etwas fes­ter“ und ent­spre­chen einer authen­ti­schen, den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zuge­wand­ten Füh­rungs­hal­tung. Es gibt auch Situa­tio­nen, in denen die Klä­rung von Kon­flik­ten mit den Mit­teln ein­fa­cher Gesprächs­füh­rung und Mode­ra­ti­on nicht mehr mög­lich ist. In sol­chen Fäl­len sind eher „stra­te­gi­sche“ Vor­ge­hens­wei­sen zu wäh­len. Die­se Mit­tel wer­den hier nicht thematisiert.

Wenn es in einem Team zu Kon­flik­ten kommt, begin­nen die­se in der Regel zwi­schen ein­zel­nen Per­so­nen. Dau­ert der Kon­flikt an, wer­den die Betei­lig­ten ver­su­chen, ande­re Team­mit­glie­der auf ihre Sei­te zu zie­hen. Es kommt zur Bil­dung von „Frak­tio­nen“. Grund­sätz­lich gilt: Je eher man ver­sucht, den Kon­flikt zu bear­bei­ten, des­to ein­fa­cher ist es, stär­ke­re Eska­la­tio­nen zu ver­hin­dern. Bei zuneh­men­der Ver­här­tung wird das schwieriger.

An einer ande­ren Stel­le auf die­ser Web­sei­te erfah­ren Sie, wie sie ein­schät­zen kön­nen, ob es sich lohnt, in einem Kon­flikt zu inter­ve­nie­ren, oder ob es not­wen­dig sein könn­te, kon­se­quen­te­re und gleich­sam „stra­te­gi­sche­re“ Vor­ge­hens­wei­sen zu wählen.

Einer Grüpp­chen­bil­dung muss nicht unbe­dingt ein Kon­flikt vor­aus­ge­hen. Oft reicht es schon aus, wenn sich bestimm­te Ange­hö­ri­ge des Teams aus rein orga­ni­sa­to­ri­schen Grün­den öfter sehen und mehr mit­ein­an­der arbei­ten als mit ande­ren Tei­len des Teams. Wer viel Zeit mit­ein­an­der ver­bringt, spricht viel mit­ein­an­der – und wird mit der Zeit ein gewis­ses Zusam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl ent­wi­ckeln. Mit der Inten­si­tät des Zusam­men­halts mit den einen, mit denen man mehr zu tun hat, wächst auch die Distanz zu den­je­ni­gen, mit denen man weni­ger zu tun hat. Mit der Zeit ent­steht ein „wir“ und ein „die“. Wich­tig ist, dass es sich dabei am Anfang oft um eine völ­lig absichts­freie, ja fast belie­bi­ge Ent­wick­lung han­delt. Das so genann­te „Mini­mal­grup­pen­pa­ra­dig­ma“ besagt, dass allein das Zuge­hö­rig­keits­ge­fühl zu einer Grup­pe aus­reicht, um Distanz zu ande­ren Grup­pen und damit auch „dis­kri­mi­nie­ren­de Hand­lun­gen“ oder Kon­flik­te zu erzeu­gen. Wer zusam­men arbei­tet, sieht sich oft, redet viel, ent­wi­ckelt Ver­trau­en. Sicht­wei­sen wer­den mit der Zeit ähn­li­cher, man unter­stützt sich, ent­wi­ckelt ein Zusam­men­halts­ge­fühl und zieht die „eige­nen“ Leu­te den ande­ren vor. Das ist etwas ganz Nor­ma­les. Kon­flik­te kön­nen sich also auch aus zunächst absichts­frei­en Ent­wick­lun­gen der Grüpp­chen­bil­dung erge­ben. Als Team­lei­tung hat man immer ein­zu­schät­zen, ob das Level an Grüpp­chen­bil­dung in der eige­nen Mann­schaft noch „nor­mal“ oder schon „pro­ble­ma­tisch“ ist. Grad­mes­ser für die­se Ein­schät­zung kann am Ehes­ten die Fra­ge sein, ob der Zweck des Teams erfüllt wird, also die Arbeits­leis­tung im gewünsch­ten Aus­maß erbracht wer­den kann, oder ob die sich aus der Grüpp­chen­bil­dung erge­ben­den Dyna­mi­ken dazu füh­ren, dass die Belan­ge der Grüpp­chen für die Mit­glie­der bedeut­sa­mer wer­den als die Erfül­lung der Arbeitsaufgabe.

Men­schen rich­ten ihre Hand­lun­gen in Orga­ni­sa­tio­nen mehr nach den Belan­gen der infor­mel­len Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tur aus als an den Maß­ga­ben der for­ma­len Vor­ga­ben. Das erscheint plau­si­bel, weil die Bezie­hun­gen zu den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen „mensch­lich näher“ lie­gen als die „irgend­wie sach­li­che­ren“ Vor­ga­ben der Orga­ni­sa­ti­on. Füh­rung ist also immer auch Bezie­hungs­ma­nage­ment, und die „mensch­li­che Dimen­si­on des Gesche­hens“ spielt eine maß­geb­li­che Rol­le. Nicht zuletzt des­halb bleibt die Team­leis­tung in vie­len Fäl­len kurz unter den Leis­tungs­er­war­tun­gen von Vor­ge­setz­ten. Durch ein klu­ges Bezie­hungs­ma­nage­ment – und nicht zuletzt durch ein mög­lichst früh­zei­ti­ges Bear­bei­ten von Kon­flik­ten – gelingt es Vor­ge­setz­ten, mit die­sem (unver­meid­li­chen) Pro­blem umzugehen.

Wir haben bereits von der Wirk­mäch­tig­keit infor­mel­ler Grup­pen­struk­tu­ren gespro­chen. Will man Grüpp­chen­bil­dung bear­bei­ten, gilt es, auf die­se infor­mel­len Zusam­men­hän­ge zu ach­ten. Man beob­ach­tet die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Team und iden­ti­fi­ziert die­je­ni­gen Per­so­nen mit einer gewis­sen „Wort- oder Mei­nungs­füh­rer­schaft“. Das müs­sen nicht die­je­ni­gen sein, die am meis­ten reden; das sind oft Per­so­nen, die sich nicht zu oft, aber dafür sehr kom­pe­tent oder macht­voll äußern. Wenn das Team noch jung ist, ist die Wahr­schein­lich­keit höher, dass Mei­nungs­füh­rer­schaft und Wort­mel­de­häu­fig­keit zusam­men­hän­gen, bei län­ger bestehen­den Teams haben sich da in der Regel ande­re Mecha­nis­men her­aus­ge­bil­det (Kom­pe­tenz, Macht usw.).

Kommt man zu dem Schluss, dass die Grüpp­chen­bil­dung zu Dyna­mi­ken führt, die die Team­leis­tung gefähr­det, kann man auf einer ers­ten Stu­fe zunächst Ein­zel­ge­sprä­che mit den „Mei­nungs­mäch­ti­gen“ aus den Grüpp­chen führen.

Ers­te Stu­fe
Man führt ein Gespräch unter vier Augen und beginnt dies mit „fra­gen­dem Inter­es­se“. Man kon­fron­tiert nicht mit den eige­nen Sicht­wei­sen, son­dern war­tet eher, bis das Gegen­über ggf. Fra­gen stellt. Man been­det das Gespräch mit einer Bitte.

Fra­ge­tech­ni­ken für die ers­te Stu­fe: Inter­es­sens­fra­gen
Man signa­li­siert auf der ers­ten Stu­fe vor allem Inter­es­se an den Sicht­wei­sen des Gegen­übers. Zum einen dient das einem tie­fe­ren Ver­ständ­nis, zum ande­ren auch der Ent­wick­lung von Ver­trau­en. Inter­es­se bewirkt im Gelin­gens­fall eine Öff­nung des Gegen­übers und die Bereit­schaft, eige­ne Sicht­wei­sen oder Posi­tio­nen infra­ge zu stel­len. Hilf­rei­che Fra­gen lau­ten: „Wie war es in der letz­ten Zeit für Dich, in die­sem Team zu arbei­ten?“ oder: „Was hat gut funk­tio­niert, was weni­ger?“ In Bezug auf Kon­flikt­dy­na­mi­ken: „Wie war der Her­gang?“ oder: „Darf ich fra­gen, wie Du Dir die Zuspit­zung erklärst, von der Du gespro­chen hast?“ oder: „Was wünscht Du Dir?“

Fra­ge­tech­ni­ken für die ers­te Stu­fe: Fra­gen, die eine Per­spek­tiv­über­nah­me bewir­ken kön­nen
Hier geht man weg von den ganz offe­nen Inter­es­sens­fra­gen hin zu sol­chen Fra­gen, die auch die Belan­ge ande­rer und das Zusam­men­wir­ken des gan­zen Teams betref­fen. Ziel ist, mit die­sen Fra­gen ein Nach­den­ken über den eigent­li­chen Zweck der Zusam­men­ar­beit zu bewir­ken. Hilf­rei­che Fra­gen kön­nen sein: „Was möch­test Du im Team bewir­ken?“ oder: „Was willst Du eigent­lich?“ oder: „Was, glaubst Du, wird pas­sie­ren, wenn es so wei­ter­geht, wie es jetzt läuft?“ oder: „Gibt es etwas, das aus Dei­ner Sicht anders lau­fen soll? Und wenn ja: was?“ und spä­ter: „Gibt es etwas, das Du selbst dafür tun kannst? Und falls ja: was wäre das zum Bei­spiel?“ oder: „Wie, glaubst Du, soll­te ich als Team­lei­tung mit den The­men umge­hen, über die wir gera­de spre­chen?“ und schluss­end­lich: „Was will eigent­lich die ande­re Sei­te aus Dei­ner Sicht?“ Man­che Fra­gen kann man im Gespräch auch mehr­fach stellen.

Hal­tung für die ers­te Stu­fe: Kei­ne Kon­fron­ta­ti­on
Man ver­zich­tet auf der ers­ten Stu­fe weit­ge­hend oder ganz auf Kon­fron­ta­tio­nen. Kon­fron­ta­tio­nen sind im Prin­zip Äuße­run­gen eige­ner Ver­mu­tun­gen. Wenn man etwa fragt: „Glaubst Du, dass Du auch einen eige­nen Anteil an dem Kon­flikt hast?“, kon­fron­tiert man das Gegen­über mit der Ver­mu­tung, dass es eine gewis­se „Mit­schuld“ an der gegen­wär­ti­gen Situa­ti­on trägt. Im Prin­zip ist da in der Regel etwas dran, aber wenn man sol­che Fra­gen zu früh stellt, kann das zum Rück­zug bzw. zur Aus­lö­sung des Selbst­schut­zes beim Gegen­über füh­ren. Wenn das Ver­trau­en stimmt, kann man durch­aus kon­fron­tie­ren, aber auf der ers­ten Stu­fe ist das mit­un­ter nicht sinn­voll. Auf der ers­ten Stu­fe ver­sucht man eher, beim Gegen­über eine Ein­sicht zu bewir­ken. Der direk­te Ver­weis auf den eige­nen Anteil kann eher auf der zwei­ten Stu­fe plat­ziert werden.

Abschluss der ers­ten Stu­fe: eine Bit­te for­mu­lie­ren
Man been­det das Gespräch mit einer freund­lich for­mu­lier­ten Bit­te. Man stellt die Sicht­wei­sen des Gegen­übers nicht infra­ge, son­dern bit­tet das Gegen­über, sei­nen oder ihren Teil für eine gute Zusam­men­ar­beit zu tun und die Kon­se­quen­zen bzw. Wir­kun­gen der eige­nen Hand­lun­gen auf das Team und die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Team zu bedenken.

Zwei­te Stu­fe
Man führt wie­der­um ein Ein­zel­ge­spräch und beginnt auch dies mit Inter­es­sens­fra­gen, kommt aber schnel­ler zu den Fra­gen, die eine Per­spek­ti­ver­wei­te­rung oder eine Ver­än­de­rung der Sicht­wei­se bewir­ken sol­len. Anschlie­ßend fragt man, ob man ein­mal die eige­nen Beob­ach­tun­gen schil­dern dür­fe. Dann schil­dert man zunächst Beob­ach­tun­gen und stellt noch ein­mal Fra­gen wie: „Was pas­siert, wenn das so wei­ter­geht?“ oder: „Was soll­te ich als Füh­rungs­kraft aus Dei­ner Sicht hier tun? Was sind Dei­ne Erwar­tun­gen an mich?“ Man been­det das Gespräch nicht mit einer Bit­te, son­dern mit einer kla­ren Erwar­tung bzw. Hand­lungs­auf­for­de­rung: „Ich erwar­te von Dir, dass Du Dei­nen Anteil an der Kon­flikt­dy­na­mik reflek­tierst und über­legst, was Du zu einer Dees­ka­la­ti­on bei­tra­gen kannst. Das betrifft zum Einen die Sprü­che, die Du manch­mal for­mu­lierst, da bit­te ich Dich zu über­le­gen, wie sich Dei­ne Wor­te auf das Team aus­wir­ken. Zum ande­ren betrifft das Dei­ne Hand­lun­gen. Ich erwar­te von Dir, dass Du auf die ande­ren zugehst und Din­ge unter­nimmst, die den Zusam­men­halt im Team wie­der stär­ken. Du bist mir als Team­mit­glied sehr wich­tig, und Du spielst eine tra­gen­de Rol­le im Team. Ich möch­te, dass Du die­se Rol­le im Sin­ne des Teams nutzt. Unser Team hat einen Zweck, unse­re Arbeit ist für das Unter­neh­men bedeut­sam, und als Team­lei­ter ach­te ich dar­auf, dass unse­re Leis­tung stimmt. Du bist ein kom­pe­ten­ter und leis­tungs­star­ker Kol­le­ge. Tue bit­te Dei­nen Teil dafür, dass die Team­leis­tung stimmt.“ Man argu­men­tiert qua­si nicht als Per­son, son­dern als Füh­rungs­kraft. Der Unter­schied liegt in der Beto­nung des Orga­ni­sa­ti­ons- bzw. Team­zwecks. Man bit­tet nicht als „Kum­pel“, man betont auch nicht sei­ne ggf. vor­han­de­ne Macht („Ich bin der Team­lei­ter, und als Team­lei­ter sage ich Dir…“). Man droht auch nicht. Son­dern man argu­men­tiert mit dem Zweck des Teams und mit den Anfor­de­run­gen an die Rol­le des Gegen­übers als Mit­glied des Teams. Kei­nem Team­mit­glied ist es erlaubt, die eige­nen Belan­ge über die des Teams zu stel­len (es sei denn, es gin­ge etwa um Selbst­schutz bei Mob­bing oder man wür­de etwas Unge­setz­li­ches ver­lan­gen). Inso­fern erin­nert man sein Gegen­über an die Pflicht als Team­mit­glied, an die Pflicht zur Zusam­men­wir­kung im Sin­ne der Teamleistung.

Drit­te Stu­fe: Aus­spra­che
Wenn die Ein­zel­ge­sprä­che mit ver­schie­de­nen Team­an­ge­hö­ri­gen nichts oder zu wenig bewirkt haben, kann man das Team zu einer Aus­spra­che ein­la­den oder eine Team­be­spre­chung so umfunk­tio­nie­ren, dass die aktu­el­len Belan­ge des Teams zur Spra­che kom­men. Die Aus­spra­che beginnt mit einer Anspra­che der Teamleitung:

„Ich freue mich, dass Ihr da seid. Es geht heu­te um ein The­ma, das wir sonst noch nicht oft bespro­chen haben. Es geht um uns als Team. Ich glau­be, dass wir in letz­ter Zeit viel über­ein­an­der und wenig mit­ein­an­der gespro­chen haben. Es waren auch vie­le bei mir und haben mir erzählt, was alles momen­tan nicht gut läuft. Ich wer­de hier nie­man­den in die Pfan­ne hau­en und erzäh­len, die oder der hat das und das gesagt. Dar­um geht es nicht. Es geht auch nicht dar­um, wer wel­che Schuld trägt oder wer ver­ges­sen hat, wem Guten Tag zu sagen. Es geht um unser Mit­ein­an­der und wie wir in Zukunft zusam­men­ar­bei­ten wol­len. Nie­mand MUSS spre­chen, ich wer­de nie­man­den unter Druck set­zen. Aber wenn Ihr sprecht, seid bit­te ehr­lich. Ich wer­de Euch drei Fra­gen stel­len: Wie ist es in letz­ter Zeit im Team gelau­fen? Wie geht es Euch, wenn Ihr momen­tan auf Arbeit kommt? Und was wünscht Ihr Euch für die Zukunft? Es ist Zeit, dass wir Din­ge offen bespre­chen. Ich möch­te, dass wir uns gegen­sei­tig die Mei­nung sagen kön­nen. Wenn ich Teil des Pro­blems bin oder ich in der letz­ten Zeit Feh­ler gemacht habe, sagt mir das bit­te. Es geht dar­um, dass wir unse­re Auf­ga­ben gut erfül­len und dass Ihr gern zur Arbeit kommt. Also los.“

Danach kann man sich nach den Mei­nun­gen zu dem Ansin­nen erkun­di­gen, das Mit­ein­an­der und die Zusam­men­ar­beit im Team zu the­ma­ti­sie­ren. Wird hier Skep­sis geäu­ßert, soll­te man kei­ne Über­re­dungs­ver­su­che star­ten, son­dern sich mit dem „Wider­stand“ ver­bün­den. Wie das funk­tio­niert, steht an ande­rer Stel­le auf die­ser Web­sei­te. Dann stellt man die besag­ten drei Fra­gen. Es geht nicht dar­um, dass alle Anwe­sen­den alle Fra­gen beant­wor­ten. Die Fra­gen sol­len nur dazu die­nen, ins Gespräch zu kom­men. Irgend­wann kom­men dann die ers­ten Din­ge auf den Tisch. In der Regel haben sol­che Gesprä­che fol­gen­den Ver­lauf: Es beginnt etwas zöger­lich, man­che äußern sich wohl­mei­nend-all­ge­mein, beto­nen den Zusam­men­halt. Irgend­wann spricht dann aber jemand etwas an. Das kann zu einer „Mecker­run­de“ füh­ren oder wie­der­um zu Gegen­re­ak­tio­nen, dass doch alles gut sei. Es geht noch nicht um das Durch­ar­bei­ten der ein­zel­nen ange­spro­che­nen Din­ge, eher erst ein­mal um das Aus­spre­chen. Wich­tig ist, dass man Schuld­dis­kus­sio­nen eben­so ver­mei­det wie Har­mo­nie-Appel­le, dass doch alles gut sei. Es geht eben dar­um, dass das Team lernt, Kon­flik­te anzu­spre­chen, Feed­back zu geben, Mei­nun­gen zu äußern. Es geht auch nicht dar­um, wer Recht hat und wer nicht. Selbst wenn es zu einer „Mecker-Eska­la­ti­on“ kommt und es tief hin­ab geht, was die Stim­mung betrifft: Nie­mand meckert für immer. Irgend­wann mel­den sich die ers­ten Stim­men, die sagen: Ja, das kann ja alles sein. Aber ich wür­de wie­der gern auf Arbeit kom­men und ehr­lich gesagt bringt mir die­se Dis­kus­si­on jetzt nichts. Lasst uns nicht über­le­gen, wer Schuld ist, son­dern was wir machen müs­sen, um gut zusam­men­zu­ar­bei­ten. Die Team­lei­tung kann die­se „Wen­dung“ der Stim­mung auch beför­dern, indem sie immer wie­der kon­kre­ti­sie­rend nach­fragt: „Was heißt das genau, was Du sagst?“ oder: „Was möch­test Du genau?“ oder: „Wie sol­len wir damit kon­kret umge­hen?“ oder: „Was kön­nen wir tun, damit unse­re Zusam­men­ar­beit bes­ser funk­tio­niert?“ Manch­mal muss man sicher auch sol­che Din­ge sagen: „Sagt mal, so wie wir jetzt dis­ku­tie­ren: Wie hilf­reich ist das? Ich wür­de gern mehr über die Zukunft reden. Wir haben ver­schie­de­ne Mei­nun­gen, klar. Es geht um die Fra­ge, wie wir gut zusam­men­ar­bei­ten. Dazu wür­de ich gern was hören.“

Wenn Sie mehr über Mode­ra­ti­ons­tech­ni­ken für sol­che Aus­spra­chen wis­sen möch­ten, wer­den Sie hier fün­dig. Wenn Sie mehr über den Umgang mit dem Wech­sel­spiel aus defen­si­ven Rück­zugs­ge­fech­ten und kon­struk­ti­ven Dis­kus­sio­nen in sol­chen Team­termi­nen wis­sen möch­ten, lesen Sie bit­te die­sen Text.

Fakt ist, dass sol­che Run­den lang­sam los­ge­hen, dann an Fahrt auf­neh­men, ein „Tal der Trä­nen“ durch­schrei­ten und irgend­wann eine kon­struk­ti­ve Wen­dung neh­men. Wenn man es schafft, immer wei­ter Fra­gen zu stel­len und sich dabei auf kei­ne Sei­te zu stel­len sowie beim Fra­gen nicht die Zukunft aus dem Blick ver­liert, gelingt es, auch schwie­ri­ge Gesprächs­pha­sen zu über­ste­hen. Es gibt hier kein Rich­tig und Falsch, es geht eben dar­um, dass das Team lernt, genau sol­che Dis­kus­sio­nen zu füh­ren. Und das lernt ein Team nur, indem es das tut. Der Trick ist, durch sach­li­che und kon­kre­ti­sie­ren­de Nach­fra­gen immer wie­der auf den kon­struk­ti­ven Weg zurück­zu­kom­men. Natür­lich braucht man hier das gan­ze Reper­toire der Gesprächs­füh­rung – vom rück­for­mu­lie­ren­den Zusam­men­fas­sen über Fra­gen bis hin zur Meta­kom­mu­ni­ka­ti­on. Wer nach einer hilf­rei­chen Über­sicht zum The­ma Fra­ge­tech­ni­ken sucht, wird bei Edgar Scheins Hum­ble Inquiry fün­dig. Sie­he dazu auch den Arti­kel „So öff­nen sich Men­schen“ von Mar­tin Pich­ler in der Zeit­schrift wirt­schaft + wei­ter­bil­dung, Nr. 10/2013, im ver­link­ten PDF-Doku­ment ab S. 18, der Scheins Buch über­sicht­lich zusammenfasst.

Vier­te Stu­fe: Aus­spra­che mit exter­ner Mode­ra­ti­on
Wie die zwei­te Stu­fe am Ende eine etwas „fes­te­re“ Wie­der­ho­lung der ers­ten Stu­fe dar­stellt, bil­det auch die vier­te Stu­fe eine „fes­te­re“ Vari­an­te der drit­ten Stu­fe, nur mit dem Unter­schied einer exter­nen Mode­ra­ti­on bzw. der Durch­füh­rung der Team­ent­wick­lung durch eine exter­ne, spe­zi­ell qua­li­fi­zier­te Person.

Jörg Hei­dig

Von Jörg Heidig

Jörg Heidig, Jahrgang 1974, nach Abitur und Berufsausbildung in der Arbeit mit Flüchtlingen zunächst in Deutschland und anschließend für mehrere Jahre in Bosnien-Herzegowina tätig, danach Studium der Kommunikationspsychologie, anschließend Projektleiter bei der Internationalen Bauausstellung in Großräschen, seither als beratender Organisationspsychologe, Coach und Supervisor für pädagogische Einrichtungen, soziale Organisationen, Behörden und mittelständische Unternehmen tätig. 2010 Gründung des Beraternetzwerkes Prozesspsychologen. Lehraufträge an der Hochschule der Sächsischen Polizei, der Dresden International University, der TU Dresden sowie der Hochschule Zittau/Görlitz.